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Die Suche nach der Sucht

Suchtpräventionsprojekt in der Wohngruppe „IntAct“

Sucht hat viele Gesichter. Ihre Formen reichen von Medien zu Substanzen, von Essen zu Sport und von Harmoniebedürftigkeit zu Streit. Manchmal kommt sie schleichend und versteckt, ein anderes Mal sofort und mit Pauken und Trompeten. Doch egal unter welchem Deckmantel sie sich in das Leben schleicht – sobald sie da ist, ist der Weg aus ihr heraus sehr schwierig, denn sobald sie einen festen Bestandteil im Alltag eines Menschen darstellt, ist es schwer mit Gewohnheiten zu brechen. Der Mensch ist und bleibt nun mal ein Gewohnheitstier.

Da in der heutigen Zeit immer mehr junge Menschen – so scheint es zumindest – immer früher in Versuchung geführt werden, ist vor allem Präventionsarbeit nötig, sodass ein von vornherein reflektierter Umgang mit potenziellen Suchtfaktoren sichergestellt werden kann. Denn, wie schon angemerkt, kommt Sucht versteckt und präsentiert sich nicht mit ihren Gefahren, sondern eher mit den Vorzügen. Sei es der Rapper, der über pornografische Inhalte oder Drogenverherrlichung rappt, oder der Influencer auf Youtube, der täglich die neusten Spiele und Onlinetrends vorstellt und somit den Anschein erweckt, dass es völlig normal sei, den gesamten Tag vor der Flimmerkiste zu sitzen und aus der Realität zu flüchten.

Auf Grund dieser besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklung hat die Wohngruppe „IntAct“ der AWO Kinder- und Jugendhilfe GmbH im Laufe dieses Jahres innerhalb der Einrichtung ein Projekt zur Suchtprävention durchgeführt. Dieses entstand in Zusammenarbeit und mit der Hilfe der „Fachstelle für Suchtprävention“ Wernigerode. Erste Absprachen zum Projekt gab es bereits im vergangenen Jahr. Durch die anhaltende pandemische Lage konnte das Projekt jedoch erst im Verlauf dieses Sommers durchgeführt werden.

Da Sucht eine Thematik ist, die jeden angeht und auch jeden betreffen kann war das Projekt verpflichtend für die Bewohnenden der Wohngruppe. Hierfür wurde sich gemeinsam im Gemeinschaftsraum der Wohngruppe verabredet. Thomas Leubner, welcher für die „Fachstelle für Suchtprävention“ arbeitet und das Projekt durchführte, konnte durch seine offene, kommunikative und urteilsfreie Art schnell einen Zugang zu den Bewohnenden schaffen.

Die genutzte Methodik basierte hierbei vor allem auf den Erfahrungen und Wahrnehmungen der Bewohnenden selbst. Es wurde in erster Instanz die Wirkung von Substanzen auf wertfreie Art und Weise dargestellt, anschließend die Gefahren und die Wirkungen auf das Leben der konsumierenden Personen im Hinblick auf eine entstehende und anhaltende Abhängigkeit erörtert. Während des Projektes hatten die Bewohnenden der Wohngruppe immer wieder die Möglichkeit ihre persönlichen Erfahrungen zu teilen. Sei es in Form von Schätzfragen – beispielsweise: „Wie viele Menschen zwischen 15 und 21 haben eurer Meinung nach schon Mal Cannabis konsumiert?“ – oder auch von der Assoziation mit gewissen Begrifflichkeiten – beispielsweise: „Woran denkt ihr, wenn ihr das Wort Sucht hört?“.

So wurde auf spielerische und niedrigschwellige Art und Weise ein Zugang für alle Anwesenden geschaffen. Interessant zu beobachten war, dass bei Schätzfragen oftmals eine höhere Suchtaffinität durch die Jugendlichen angenommen wurde, als tatsächlich in der Gesellschaft laut Umfrage- und Statistikergebnissen vorherrscht. Dies schuf wiederum einen notwendigen kritischeren Blick. Selbst wenn Medien und das persönliche Umfeld den Anschein erwecken, dass ein gewisses Verhalten präsentiert und glorifiziert wird, so ist es doch oftmals eine Minderheit, die sich als Mehrheit darstellt und ihre Reichweite nutzt, um ihr eigenes der gesellschaftlichen Norm entgegenstehendes Verhalten zu normalisieren.

Das Projekt ist – rückblickend betrachtet – auf ganzer Linie erfolgreich gewesen und hat es geschafft bei den Bewohnenden und den Mitarbeitenden einen reflektierteren und schärferen Blick auf Süchte zu schaffen. Die Zusammenarbeit hat allen Anwesenden Freude bereitet. Gern wieder!

Matthias Bahss

Teamleiter Wohngruppe „IntAct“

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