Sprungziele
Inhalt
 

Wer bezahlt eigentlich die Tafelarbeit

Die Finanzierung steht auf vielen wackeligen Beinen

Neun Lebensmittelausgaben im gesamten Landkreis Harz, das Restaurant mit Herz in Quedlinburg, die KleiderOase und Kleiderkammern, die Fungrube und dann noch ein kleiner Fuhrpark an Transportern. Das Angebot der Tafeln Quedlinburg|Halberstadt|Wernigerode ist groß – aber die Vielfalt kostet auch.

Schnell wird vergessen, dass diese Angebote Kosten für Kraftstoff, Heizung oder Strom verursachen. Oder was passiert, wenn mal keine Lebensmittel für das Restaurant überbleiben? Wird es dann geschlossen? Müssen die Mitarbeiter*innen im Winter in unbeheizten Räumen arbeiten? Woher kommen generell die Mitarbeiter*innen und bekommen diese Geld?

Alle Vorgänge sind mit Kosten verbunden. Doch auch, wenn die Tafeln wie ein Betrieb strukturiert sind und nach den gleichen Abläufen arbeiten – es ist dennoch eine gemeinnützige Einrichtung, die keine Einnahmen hat, um sich zu finanzieren. Woher kommt das Geld dann eigentlich?
Das Zauberwort lautet „Spenden“. Wenn es heißt, ohne Ihre Spende wäre dies und jenes nicht möglich, dass ist das bei allen Angeboten unserer Tafeln keine Phrase, sondern Realität. Ohne Spende keine Tafeln.

In unseren Lebensmittelausgaben zahlen die Kind*innen einen kleinen Beitrag. Dieser stellt zwar einen gefühlten Gegenwert zu den erhaltenen Lebensmitteln dar und soll dazu dienen, dass diese Lebensmittel wertgeschätzt werden. Vordergründig wird dadurch aber die Ausgabe selbst finanziert und mit diesen kleinen Beträgen Teile der Kraftstoff- und Heizkosten beglichen. Selbiges gilt für die Kleideroasen und Fundgruben, auch hier soll eine Wertschätzung durch eine kleine Spende vermittelt werden und gleichzeitig der Betrieb refinanziert werden. Die realen Kosten liegen jedoch deutlich über diesen Einnahmen.

Für eine Mahlzeit im Restaurant mit Herz zahlen alle Gäste – egal ob Tafel-Kund*in oder nicht – einen Beitrag. Unterschieden wird dabei lediglich in der Höhe des Preises für ein Essen: Bedürfte Personen erhalten einen Preisnachlass. Auch für das Restaurant gilt der eingenommene Betrag als Refinanzierung und wird eingesetzt, sollten einmal nicht genug Lebensmittelspenden da sein, um das Restaurant mit zu versorgen. Lebensmittel zuzukaufen ist in diesen besonderen Fällen aber nur im Restaurant möglich und den Tafeln gesetzlich verboten.

Ganz von allein landen die Lebensmittel jedoch nicht in der Tafel. Sie müssen von Mitarbeiter*innen in den Märkten oder bei Partnern abgeholt werden. Dazu verfügt die Tafel über mehrere Transporter, mit denen täglich Lebensmittel gerettet und Bedürftige zu verteilt werden. Dabei wird Kraftstoff verbraucht und die Fahrzeuge verschleißen durch die ständige Beanspruchung recht schnell. Diese Kosten werden zum Teil durch die Spenden der anderen Einrichtungen abgedeckt. Oftmals werden Spendenaufrufe gestartet, beispielsweise, wenn ein neues Fahrzeug angeschafft werden muss. So ein Kühlfahrzeug ist eine teure Anschaffung, die für die Tafeln allein nicht finanzierbar wäre.

Angewiesen sind die Tafeln deshalb auf Spenden durch Privatspender oder Unternehmen. Diese machen den größten Teil der Tafelfinanzierung aus und ohne diese Spenden könnte die Tafelarbeit in dieser Form nicht stattfinden.
Unterstützend kommen Mittel aus öffentlichen Fördertöpfen hinzu, die beantragt werden können. Mit diesen Geldern werden beispielsweise Kinderprojekte wie „Hereinspaziert ins Unkrautglück“ oder „SUMM – Die Bienen sind los“ unterstützt oder Neuanschaffungen sowie die Finanzierung eines neuen Fahrzeugs ermöglicht.

Jedoch werden Spenden und öffentliche Fördertöpfe immer weniger, so dass auch die Tafel sich neuen Herausforderungen stellen muss. Zusätzlich zu der Corona-Krise und den damit verbundenen Kosten und Herausforderungen, kommt jetzt noch die Ukraine-Krise mit ihren Folgen für die Tafelarbeit hinzu: Lebensmittel werden knapper, die Zahl der Bedürftigen steigt und Energie- und Spritpreise werden teurer. Diese Probleme sind ohne staatliche Unterstützung nicht mehr zu stämmen.

Hier positioniert sich die Tafel klar für eine staatliche Grundfinanzierung der Tafel. Eine staatliche Grundfinanzierung ermöglicht der Tafel die Menge an geretteten Lebensmitteln zu steigern, diese mehr Menschen zur Verfügung zu stellen und die Ehrenamtlichen vor Ort zu entlasten. Zudem wird durch hauptamtliche Koordination die professionelle Unterstützung von bedürftigen Menschen gestärkt.

Unter einer Grundfinanzierung versteht die Tafel: die Finanzierung der Geschäftsstelle der Tafel Deutschland e.V. zur bundesweiten Koordinierung der Landesverbände und Tafeln, sowie der Lebensmittelweitergabe insbesondere durch die Koordination der digitalen Vernetzung der Tafeln untereinander sowie mit Spendern aus dem Bereich der Hersteller, des Handels und der Logistik (Bundessozialministerium: 500.000 bis 800.000 € im Jahr); die anteilige Finanzierung des Ausbaus der Logistik-Infrastruktur auf der Landesebene durch Lager- und Transportmöglichkeiten, Personal und digitale Vernetzungsmöglichkeiten durch die Landesregierungen (zuständige Ministerien im Bereich Ernährung, Umwelt, Verbraucherschutz) sowie die Finanzierung von Betriebskosten und hauptamtlichen Ehrenamtskoordinator*innen oder Sozialarbeiter*innen auf der lokalen Ebene, beispielsweise durch die Kommunen.

Robin Gerloff, Koordinator Tafel Quedlinburg|Halberstadt|Wernigerode

nach oben zurück