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„Wir sind auf Spenden angewiesen“

Tafeln erhalten Lebensmittel und Geldspende von Kirchengemeinden

Eine Büchse Mais, ein Päckchen Zucker oder ein bisschen Kleingeld. – Wenn die Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde in Quedlinburg Gottesdienste besuchen, an Veranstaltungen wie Konzerten teilnehmen oder sich beispielsweise zur Chorprobe treffen, haben viele von ihnen derzeit eine kleine oder große Spende dabei.

Diese vielen kleinen Gesten gehen direkt an die Tafeln Quedlinburg|Halberstadt|Wernigerode und haben dort einen enormen Wert. „Das bringt die Problematik ins Bewusstsein der Menschen“, sagt Franziska Junge, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde in Quedlinburg. Sie macht seit einigen Wochen immer wieder auf die Situation der Tafeln im Landkreis und die Menschen, die darauf angewiesen sind aufmerksam.“ Es gebe sicher genug eigene Projekte, die die Kirche mit dem Geld angehen könnte, „aber die direkte Hilfe ist wichtig“, betont Franziska Junge. „Das ist direkte Nächstenliebe.“

Zuletzt wurde beim ökumenischen Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde, der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde, der Harzer Adventsgemeinde sowie der katholischen Gemeinde für die Tafeln gesammelt und die gesamte Kollekte gespendet. Von den insgesamt 850 Euro wurden für 450 Euro Lebensmittel gekauft und an die Tafel in Quedlinburg übergeben. Die verbliebenen 400 Euro sollen für Kraftstoff verwendet werden, damit die Kühlfahrzeuge weiterhin fahren können. Beides übergab Franziska Junge Ende Juni in der Tafel Quedlinburg.

„Die Spenden werden situationsbedingt verteilt. Das was wir dahaben, geben wir auch raus“, erklärt Tafel-Koordinator Robin Gerloff. Die Lebensmittel, die Franziska Junge an diesem Tag abliefert, werden vermutlich am Nachmittag bereits an Bedürftige ausgegeben. Denn die Situation ist seit Monaten angespannt. Allein im letzten Quartal haben sich 800 neue Kund*innen – davon 300 Ukrainer – bei den Tafeln im Landkreis angemeldet.

Auf Nachfrage erklärt Gerloff, dass die Mitarbeiter*innen der Tafeln auch auf Bedürfnisse der Kund*innen eingehen soweit das möglich sei. Beispielsweise würden Vegetarier natürlich kein Fleisch in ihre Tüten bekommen und auch auf Allergien werde möglichst Rücksicht genommen. Sonderwünsche könnten jedoch nicht erfüllt werden.

Die Lebensmittel werden bei den Ausgaben gegen eine Spende ausgegeben. Das sei ein symbolischer Betrag, so Gerloff. Dieser spiegele – ebenfalls symbolisch – den Wert der Lebensmittel. Genutzt wird das Geld, um die Finanzierung der Tafeln zu unterstützen.

Diese gestalte sich immer schwieriger. Die Kosten für Kraftstoff und auch Lebensmittel sind zuletzt drastisch gestiegen. Gleichzeitig müssten immer mehr Kund*innen bedient werden. Der Spagat werde von Tag zu Tag schwerer. Ein Aufnahmestopp sei aber keine Option, betont Robin Gerloff. Er werde niemanden abweisen, auch wenn die verfügbaren Lebensmittel dann anders aufgeteilt werden müssten. 

Für Franziska Junge ist die Situation trotz Spendenbereitschaft unbefriedigend. Denn die Gewinner dieser Misere seien große Konzerne. „Man will helfen, aber dieses System nicht unterstützen“, sagt sie frustriert. Das System können die Tafeln nicht ändern, erklärt Kai-Gerrit Bädje. Aber Unternehmen wie Lidl würden beispielsweise mit der Lidl-Pfand-Spende die Arbeit der Tafeln fördern. Dieses Geld lande direkt bei den Tafeln. So habe Lidl die Finanzierung des jüngst angeschafften Fahrzeugs mit 10.000 Euro unterstützt.

Die insgesamt drei Kühlfahrzeuge fahren täglich mehrere 100 Kilometer. Der starke Verschleiß führt dazu, dass etwa alle zwei Jahre ein neues Kühlfahrzeug beschafft werden muss. Ein Fahrzeug koste etwa 40.000 Euro. „An der Stelle sind wir auf Spenden angewiesen“, stellt Kai-Gerrit Bädje klar. Die Tafeln erhalten keine Unterstützung von Gemeinden. Die finanzielle Situation führt dazu, dass nur Ausgabestellen in Frage kommen, an denen keine Miete und keine Nebenkosten anfallen. „Das können wir nicht zahlen“, so Bädje weiter.

Für den Betrieb der Tafeln zahle der AWO Kreisverband Harz e.V. als Träger jedes Jahr große Beträge, um das Defizit auszugleichen. Spenden werden deshalb immer wichtiger.

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