"Eine sichere Mobilität ist Lebensqualität"
AWO Kreisverband Harz e.V. veranstaltet zusammen mit Kreisverkehrswacht Oschersleben Sicherheitstraining für Rollatoren
Der Rollator – für viele ein Zeichen von eingeschränkter Mobilität, dabei ist dies ein Trugschluss, wie Klaus Glandien von der Kreisverkehrswacht Oschersleben am Dienstag erklärt hat. So gibt der Rollator Senior*innen erst wieder die Möglichkeit, aktiv am Leben teilzunehmen und mobil zu bleiben. Der Umgang mit der Gehhilfe ist allerdings nicht so einfach, weswegen wie im vorherigen Jahr ein Sicherheitstraining für Betroffene im Garten des Familien- und Pflegezentrums „Am Kleers“ in Kooperation mit der Kreisverkehrswacht Oschersleben durchgeführt wurde. Diese wird dieses Jahr 100 Jahre alt und führt viele weitere verschiedene Sicherheitstrainings wie für Fahrräder im Verkehrsgarten Voelpke durch. Der Bedarf einer Rollatorenschule wurde nicht nur vom AWO Kreisverband Harz e.V., sondern auch von der Bundesregierung erkannt, die das Projekt „Mobil bleiben, aber sicher“ fördert und in dem Glandien ehrenamtlich engagiert ist.
Um 10 Uhr begann das Training, das mit mehr als 20 Teilnehmer*innen sehr gut besucht war. Nicht nur Bewohner*innen aus dem Pflegezentrum, sondern auch Anwohner*innen des „Kleers“ waren anwesend, um sicherer im Umgang mit ihrem Rollator zu werden. Zu Beginn gab es eine kurze Einleitung von Glandien, in der erklärt wurde, dass der Rollator für kleine und große Alltagsangelegenheiten wichtig ist. Ob wöchentlicher Einkauf, Arztbesuch oder ein Treffen in einem Café – der Rollator ist stets Begleiter. Besonders in ländlichen Regionen, in denen die Wege weiter sind als in der Stadt, ist er ungemein wichtig. „Denn die weiten Wege treffen vor allem die Älteren“, stimmte eine Teilnehmerin zu.
Für Autos gäbe es immer wieder neue Erfindungen und Anpassungen, um das Autofahren sicherer zu machen, aber für Fußgänger, zu denen Ältere mit Rollator gehören, gibt es kaum welche. Daher ist die Rollatorenschule essenziell, um Präventionsarbeit zu leisten, indem Stürze durch die richtige Handhabung vermieden werden. Denn Glandien ist der Meinung: „Eine sichere Mobilität ist Lebensqualität.“ Allerdings stellt das Fragen nach Hilfe mit dem Umgang eines Rollators eine Hemmschwelle dar, die durch das Sicherheitstraining gesenkt und überwunden werden soll. Denn nicht nur Senior*innen sind ab einem bestimmten Alter auf eine Gehhilfe angewiesen. Auch ein junger Mensch kann diese nach einem Unfall verschrieben bekommen. Ziel des Trainings ist, dass jede*r sagen kann: „Ich habe einen schönen Rollator und der ist richtig eingestellt“, so Glandien. Zusätzlich soll auch der Austausch von Erfahrungsberichten einander helfen.
Der Bedarf nach solch einem Training war groß, da nicht jede*r Betroffene*r einen Rollator über den Arzt verordnet bekommt. Viele kaufen sich irgendwann selbst einen oder bekommen ihn von der Familie geschenkt, ohne eine Beratung zu erfahren. Dabei ist diese unabdingbar, wenn es um die Einstellung des Rollators geht. Viele haben nämlich die Griffe zu tief eingestellt, sodass sie beim Gehen stets eine gekrümmte Haltung haben. Dies sei fatal, denn so eine falsche Haltung kann schon nach 14 Tagen irreversible Schäden zurücklassen. Welche Höhe die richtige ist, erklärt Glandien: man soll sich mit einer geraden Haltung zwischen die Griffe an den Rollator stellen, die Hände locker an der Seite hängen lassen und nun auf dieser Höhe die Griffe einstellen. Sodass man sich beim Gehen bequem abstützen kann und nicht nach vorn beugen muss. Selbstverständlich gibt es auch hier Ausnahmen, weswegen man sich immer beraten lassen sollte. Das A und O eines Rollators sind jedoch die Bremsen. Man sollte nie vergessen, diese zu betätigen, wenn man stehenbleiben oder sich hinsetzen möchte, da der Rollator schnell wegrollen und es so zu einem Sturz kommen kann.
Nach der richtigen Einstellung ging es um die Sichtbarkeit von Rollatoren im Verkehr. Dafür hat die Kreisverkehrswacht lauter praktische Ausstattungsgegenstände mitgebracht und für die Teilnehmer*innen bereitgestellt. Darunter befanden sich zum Beispiel Warnwesten und Reflektorbänder, die Herr Glandien mit seinen Mitarbeitern an den Rollatoren befestigt hat. Diese sind nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern auch der Versicherung. Mit ihnen kann man nicht nur gegebenenfalls einen Unfall verhindern, sondern auch im Nachgang beweisen, dass man sichtbar genug war.
Nach der Theorie ging es endlich an die Praxis. Herr Glandien durchquerte als Erster den Parcours, um vorzuführen, welche Fehler oft begangen werden und wie diese vermieden werden können. Die größte Hürde des Parcours war eine erhöhte Schwelle, über die nicht einfach mit dem Rollator gefahren werden kann. Der erste Instinkt ist oft, den Rollator einfach anzuheben, jedoch birgt dies ein Risiko, da sich so nicht mehr abgestützt und das Gleichgewicht verloren werden kann. Der Trick ist, den Fuß hinter ein hinteren Reifen zu stellen und den Rollator zu sich zu kippen, sodass die vorderen Rollen angehoben werden. Manche Rollatoren haben dafür sogar eine Fußhilfe. So kann der Rollator sicher über die Erhöhung eines Bordsteins oder einer Stufe bugsiert werden. Die restlichen Stationen des Parcours bestanden aus einem Slalom, einer Steigung, einer einzuhaltenden Spur und verschiedenen Untergründen, die die Teilnehmer*innen passieren sollten. Am Ende des Trainings haben alle Teilnehmer*innen eine Urkunde von Herrn Glandien erhalten.
Das Sicherheitstraining und die Tipps wurden als hilfreich und praktisch empfunden, da vielen dadurch bewusstwurde, welche Tücken die Benutzung eines Rollators haben kann. Solch ein Training wird erneut am 24.05. in der Turnhalle in Dedeleben um 9 Uhr im Rahmen des Projekts „Engagiert im Hyu“ veranstaltet.
Durch die bestehende Nachfrage wird es diese Rollatorenschule weiterhin als jährliche Veranstaltung geben und es wird sich in Zukunft bemüht, weitere Kooperationspartner zu gewinnen, wie zum Beispiel die Polizei oder das Verkehrsbetriebe, so Kerstin Olesch, Leitung Veranstaltungsmanagement des AWO Kreisverbands Harz e.V. Sogar der mdr war vor Ort und hat einen Radiobeitrag über die Rollatorenschule gesendet: Rollatorschulung für Senioren.
Jasmin Peters, Fachassistenz der Geschäftsführung