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Beißen darf nur das Krokodil

Osterwiecker Kinder setzen sich mit ihrem emotionalen Erleben auseinander

In der AWO Kindertagesstätte „Kinderhaus an der Ilse“ in Osterwieck, lernen die Kinder auf spielerische Weise, ihren Gefühlen und Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. Dabei benötigen vor allem Kinder unter drei Jahren eine*n feinfühligen Gesprächspartner*in, der/die ihnen hilft, dieses Grummeln im Bauch zuzuordnen und sie dabei unterstützt, eine geeignete Strategie zur Bewältigung zu entwickeln.

Kinder werden von Geburt an durch natürliche Instinkte gelenkt. Dies sichert das Überleben der Säuglinge. Beim Heranwachsen prägen sich verschiedene Gesten, die die Eltern zu deuten wissen, ein. So wird zum Beispiel aus dem Weinen nach Nahrung ein eindeutiges Schmatzen, das Zeigen auf Lebensmittel und zuletzt die Benennung des Hungergefühls.

Doch ehe es soweit ist, fließen einige Tränen. So, wie beim genannten Bespiel verhält es sich auch bei viel komplexeren Erlebnissen. Kinder machen viele Male erste Erlebnissen und wissen weder um Normen und Werte des gemeinschaftlichen Zusammenlebens, noch wie sie angemessen auf eine unvorhersehbare Situation reagieren können.

Fokussiert werden dabei frustrierende Situationen. Diese finden besondere Aufmerksamkeit, da das Verhalten bei einem Ereignis oftmals nicht erwünscht ist. Konflikte mit Gleichaltrigen entstehen. Ein Kind weint, jemand wird geschubst oder es kommt gar zu einer Bissverletzung. Kein schönes Erlebnis. Weder für das gebissene, noch für das beißende Kind.

Hier ist es klar die Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte, die Gefühle und Bedürfnisse aller betroffenen Kinder wahrzunehmen und

entsprechend der Situation zu reagieren. In erster Linie heißt es, dem verletzten Kind eine tröstende Schulter anzubieten und eine entstandene Wunde zu versorgen. Doch welche Reaktion ist die passende für das beißende Kind? Schimpfen? Eine Bestrafung? Oder doch vielleicht eine Entschuldigung erwirken?

Hier muss man klar verstehen, dass auch das beißende Kind eine Situation aussteht, die es nicht allein bewältigen kann. Und muss! Selbstverständlich findet eine Spiegelung des unangemessenen Verhaltens statt. Doch auch hier ist es angemessen, gemeinsam mit dem Kind die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erkunden. Sie führen meist zumindest zu einer Erklärung, die einige Lösungsansätze bereithält. Diese sind von Kind zu Kind sehr unterschiedlich und lassen sich ebenso unterschiedlich bearbeiten. Mal ist es ein Hinweis, welcher sprachlich nicht ausgedrückt werden kann. Mal eine überschwängliche Freude, die das Kind zum Ausdruck bringen wollte. Und mal ist es die Traurigkeit, beim morgendlichen Verabschieden, die das Kind überwältigt hat.

Doch auch vorbeugend lassen sich einige Ansätze mit den Kindern gestalten, um ihnen passendes Werkzeug an die Hand zu geben. So entstand ein Projekt rund um das Buch: „Beißen darf nur das Krokodil“. Begleitet durch eine Krokodilhandpuppe begaben sich die Krippenkinder auf eine spannende Gefühlsreise. So stellten die Kinder auch die berechtigte Frage, wann sie kratzen, beißen oder spucken dürfen? Kratzen darf ich, wenn es juckt. Beißen, um zu kauen. Und das Spucken, nach dem Zähneputzen ist erlaubt. Gefühle wurden benannt und einer festen Farbe zugeordnet. Wenn ich wütend bin, dann sehe ich rot. Ich kann stampfen, brummen oder meine Wut in die Welt hinausschreien. Ich bin glücklich. Glücklich wie die Sonne, so gelb. Wenn ich glücklich bin, dann singe ich ein Lied. Oder ich tanze und umarme mein Gegenüber vor Glückseligkeit.

Als vorersten Abschluss des Projekts buken die Kinder gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften eine Gefühlspizza. Auch hier wurden verschiedenfarbige Lebensmittel einem Gefühl zugeordnet. Und weil kein Tag dem anderen gleicht, kreierten die Kinder eine kunterbunte Gefühlspizza die sich alle schmecken lassen konnten.

Stephanie Müller, Einrichtungsleitung AWO Kindertagesstätte „Kinderhaus an der Ilse“

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