Auch Menschen mit Behinderungen haben Menschenrechte!
Was ist eigentlich die UN-Behindertenrechtskonvention?
Die UN-Behindertenrechtskonvention stärkt die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen. Sie ist 2008 in Kraft getreten. Es ist eine Art „Gesetz“ für Menschen mit Behinderungen. Sie steht für das Ziel, dass behinderte Menschen von den fundamentalen Rechten des Menschen gleichberechtigt mit anderen Gebrauch machen können. Damit verfolgt sie das „Empowerment“ (das heißt in etwa Selbstbefähigung – also alles selber machen können, Bevollmächtigung) für behinderte Menschen. Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Sie sollen Teil dieser Gesellschaft sein, wie jeder andere Mensch auch.
Diese Forderungen der Konvention werden durch viele einzelne Rechte abgesichert. Dass behinderte Menschen in allen Lebenslagen als Rechtssubjekte gelten, potenziell immer selbst auch handeln können und entsprechend in dieser Stellung geachtet werden sollen, das unterstreicht die Konvention. Der Konvention geht es nicht darum, etwa neue Rechte zu formulieren oder „Spezialrechte“ für eine soziale Gruppe von Menschen zu schaffen. Das wird immer noch verkannt. Vielmehr stärkt die Konvention die weltweiten Menschenrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948. Die dort verankerten Rechte sind Rechte eines jeden Menschen, die er bedingungslos allein aufgrund seines Menschseins hat.
Ob jemand als behindert gilt, spielt dafür überhaupt keine Rolle. Was ist dann neu an der Konvention?
Die Konvention führt die speziellen Anschauungen von Menschen mit Behinderungen systematisch in das Menschenrechtsschutzsystem ein. Sie verdeutlicht in diesem Zuge die bereits anerkannten Menschenrechte und bestimmt die damit speziell verbundenen staatlichen Verpflichtungen.
Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert!
Die UN-Behindertenrechtskonvention schützt Personen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben. Als Behinderung versteht die Konvention die gesellschaftlich bedingte Einschränkung der individuellen Rechte. Sie orientiert sich damit am sozialen Verständnis: Die Behinderung entsteht durch die Wechselwirkung zwischen der individuellen Beeinträchtigung und gesellschaftlichen Barrieren.
Nicht die Person und ihre Konstitution sind das Problem, sondern eine Umwelt, die sie an der Ausübung ihrer Rechte und der gleichberechtigten Teilhabe an dieser Gesellschaft hindert. Die Konvention strebt an, den sog. Defizit-Ansatz zu überwinden. Demnach gilt Behinderung immer noch in manchen Köpfen der Menschen als individueller Mangel, Fehler oder Krankheit. Dieses Verständnis ist immer noch weit verbreitet und wirkt sich nach wie vor benachteiligend aus. Die Konvention setzt dem ein deutliches Zeichen entgegen.
Sie fordert Staat und Gesellschaft auf, Menschen mit Behinderungen wertzuschätzen und Behinderung als Teil der menschlichen Vielfalt zu verstehen.
Individuelle Rechtspositionen: Die UN-Behindertenrechtskonvention enthält individuelle Rechtspositionen. Dazu zählen die bürgerlichen und politischen Rechte und auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, etwa die Rechte auf Bildung, Arbeit oder Gesundheit. Die Ausrichtung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und ihre rechtliche Bedeutung werden in der deutschen Diskussion immer noch verkannt. Dabei handelt es sich nicht um bloße Zielbestimmungen, sondern um echte Menschenrechte. Das bestätigt das internationale Beschwerdeverfahren, das mit dem Fakultativprotokoll zur UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet wurde. Danach können sich Menschen, die ein Konventionsrecht von einem Staat nicht hinreichend geachtet oder geschützt sehen – nach Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges – an den UN-Fachausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderung wenden. Dieser besteht aus 18 Experten*innen und trifft sich zweimal im Jahr in Genf.
Im Jahr 2015 hat der Expertenausschuss auch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland geprüft. Darüber gibt es aber bisher nur einen Bericht in englischer Sprache. Eine Übersetzung in Deutsch ist erst für den Herbst 2021 oder das Frühjahr 2022 angedacht. Dieser Bericht heißt Staatenberichtsverfahren. Die Berichte können auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Menschenrechte eingesehen werden. Leider ist auch eine Beschwerde gegen die Rechte der Menschen mit Behinderungen nicht leicht einzureichen. Auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Menschenrechte mit Sitz in Berlin finden sich Ansprechpartner*innen für eine Frage zur UN-Behindertenrechtskonvention, für eine Beschwerde und für spezielle Themen im Zusammenhang mit Menschenrechten.