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Demenzparcours gibt Einblick in Erkrankung

Demenz ist mehr als Vergessen

Erna zieht sich morgens ihren Bademantel an. Das macht sie jeden Tag so. Aber es wird immer schwieriger, mit ihren trägen Fingern, die Knöpfe in die Knopflöcher zu stecken. Es ist, als hätte sie Handschuhe an.

Beim Demenzparcours Ende September im AWO Familien- und Pflegezentrum „Am Kleers“ in Quedlinburg konnten Interessierte für einige Minuten die Welt durch Ernas Augen erkunden. Das Bild war dabei leider oft verschwommen.

Denn das Alter verändert den Körper und die Wahrnehmung auf natürliche Weise. Bei Demenz kommen viele weitere Faktoren hinzu, die das Verhalten Demenzkranker verändern. Für Außenstehende ist das oft nur schwer nachzuvollziehen. Auf dem Parcours konnten sie selbst die Verwirrung erleben, die eine Demenzerkrankung bedeutet.

Im Zuge der diesjährigen Woche der Demenz mit dem Thema „Demenz - die Welt steht Kopf“ hatte Yvonne Jahn, Projektleiterin von Beqisa, einen Parcours vorbereitet mit verschiedensten Stationen und Aufgaben. Hintereinander weg spiegeln diese einen Tag im Leben von Erna Müller wieder. So deckt sie als erstes nach dem Anziehen den Tisch. Wie viele Schritte es dafür wohl braucht? So viel sei verraten: viel mehr, als alle Teilnehmer*innen gedacht hätten. Sie sollten schätzen und danach Fotos in der richtigen Reihenfolge aneinanderlegen. Auch hier lagen viele falsch. Warum? Weil Tischdecken für uns so normal ist, dass wir nicht daran denken, dass der Teller erst auf den Tisch gestellt werden kann, wenn man ihn aus dem Schrank und dafür die Schranktür geöffnet hat, um ein Beispiel zu nennen. Das klingt zunächst banal, ist in der Kommunikation mit Demenzkranken aber enorm wichtig.

Auch die Fahrtüchtigkeit wurde trainiert. Dafür musste ein Spielzeugauto auf einem vorgegebenen Weg bewegt werden. Allerdings war dieser nur über einen Spiegel zu sehen. Noch schwerer war eine ähnliche Station, an der aus einer Schale mit Glaskugeln, mit einem Löffel eine bestimmte Kugel herausgefischt und in einen Becher balanciert werden musste. Hier gaben viele entnervt auf. Ein demenziell erkrankter Mensch hat diese Option nicht.

Auch die Pflegefachkräfte und Pflegekräfte aus der Einrichtung durchliefen den Parcours, nicht zuletzt, um besser zu verstehen, wie die Menschen die Welt wahrnehmen, die sie täglich pflegen.

Demenz ist eine Krankheit mit vielen Facetten, für die an diesem Aktionstag sensibilisiert werden sollte. Die Veranstaltung wird gefördert durch das Projekt „Für ein lebenswertes Quartier“ der Beratungsstelle zur kommunalen Quartierentwicklung Sachsen-Anhalt BEQISA. Vor Ort betreut Yvonne Jahn, Projektleiterin, Besucher*innen und beantwortet Fragen. sh

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